Investieren statt sparen Endlich haben es auch die Deutschen verstanden
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Mehr als jeder dritte Deutsche besitzt Aktien. Die aktuelle Krise hält sie nicht von Börseninvestments ab, im Gegenteil. Und das ist gut so!
Wird aus dem Volk der fleißigen Sparer etwa doch noch ein Volk von cleveren Investoren? Es sieht fast so aus. Ich kann es kaum fassen, aber mittlerweile sind 36 Prozent der Deutschen Aktionäre – mehr als jeder Dritte also. Vor fünf Jahren war es gerade mal jeder Vierte, der oder die sich für Aktien, Fonds oder ETFs begeistern konnte oder sich doch zumindest von einem Engagement hat überzeugen lassen.
Auch das Image der Aktie wird langsam besser. 35 Prozent der Deutschen halten sie für eine gute Anlage. Allerdings glaubt noch immer jeder Zehnte, Aktien seien Zockerpapiere. Das ist das Ergebnis der repräsentativen Studie "Aktienkultur in Deutschland", die von der "Aktion pro Aktie" in Auftrag gegeben wurde.
Investieren statt sparen? "Tag der Aktie" statt Weltspartag? Von mir aus gerne! Und die Studie zur Aktienkultur macht wirklich Hoffnung. Besonders überraschend: Die geopolitischen und wirtschaftlichen Turbulenzen der vergangenen Monate schrecken die Anleger nicht ab. Im Gegenteil.
Die Börsenexpertin
Jessica Schwarzer ist Finanzjournalistin, Bestsellerautorin und langjährige Beobachterin des weltweiten Börsengeschehens. Die deutsche Aktienkultur ist ihr eine Herzensangelegenheit. Zuletzt ist ihr jüngstes Buch "Warum wirklich jeder entspannt reich werden kann" erschienen. Bei t-online schreibt sie über Investments und Finanztrends, die eine breit gestreute Basis-Geldanlage ergänzen. Sie erreichen sie auf LinkedIn, Twitter, Facebook und Instagram.
Chance auf günstigen Einstieg genutzt
Immerhin 37 Prozent der Deutschen haben nach Ausbruch des Ukraine-Krieges darüber nachgedacht, in Aktien zu investieren. 13 Prozent haben ein Investment auch tatsächlich getätigt. Und das in wirtschaftlich unsicheren Zeiten und vor allem mitten in eine Börsenphase mit teils starken Verlusten hinein.
Gut ein Viertel der Bundesbürger, die bereits Aktien besitzen, hat sogar mehr investiert als bisher. Vor allem die 35- bis 44-Jährigen zählen zu den Erstkäufern nach Kriegsausbruch. Sie haben also die Korrektur an den Aktienmärkten genutzt, um günstig einzusteigen.
Die neuen Aktionäre machen sehr viel sehr richtig
Wenn Sie zu den neuen Aktionären und Aktionärinnen gehören oder zu jenen, die ihre Investments aufgestockt haben, dann gratuliere ich Ihnen! Nicht nur, weil Sie einen Teil Ihres Vermögens in die langfristig renditestärkste Anlageklasse investieren, sondern auch, weil Sie wahrscheinlich verdammt viel richtig machen.
Andere aktuelle Studien haben nämlich gezeigt, dass die neuen Aktionäre der vergangenen Jahre einen eher langfristigen Anlagehorizont haben und dass sie vor allem auf Fonds und börsengehandelte Indexfonds (ETFs) setzen. Sie streuen also das Risiko sehr breit und investieren über viele Jahre und Jahrzehnte – beides zählt zu den wichtigsten Regeln der erfolgreichen Geldanlage mit Aktien.
Auch Fonds- und ETF-Sparpläne sind bei den Neu-Aktionären sehr gefragt. Sie setzen auf global investierende Aktienfonds oder auf ETFs auf den MSCI World (mehr dazu hier). Schon mit kleinen Summen können sie so langfristig Vermögen aufbauen. Ein sehr guter Plan! Lesen Sie hier, wie Sie einen ETF-Sparplan aufsetzen.
Frauen haben noch Nachholbedarf
Bei all der Freude über die neue deutsche Aktienkultur gibt es aber auch ein paar Wermutstropfen. Aktien als Geldanlage sind vor allem bei Männern beliebt und weniger bei Frauen. Noch nicht mal jede dritte Frau ist Aktionärin. Und dann gibt es neben jenen, die Aktien für Zockerpapiere halten, eben auch noch die recht Vorsichtigen.
Jeder zweite Deutsche – unter den über 55-Jährigen sogar zwei Drittel – hält ein Aktieninvestment aktuell für zu riskant angesichts der wirtschaftlichen und politischen Lage. Diese Zurückhaltung liegt aber vor allem an den finanziellen Möglichkeiten der Deutschen: Rund ein Viertel derjenigen, die nicht investiert haben, gibt an, dafür schlicht kein Geld übrigzuhaben. Wer sich hingegen seit Beginn des Ukraine-Krieges für Aktieninvestments entschieden hat, führt dafür vor allem die niedrigen Zinsen auf Erspartes (38 Prozent) an.
An der Börse gibt es gerade Sonderangebote
Apropos Zinsen. Aktien waren immer schon die bessere Anlageklasse als Sparprodukte. Auch in Zeiten, als es noch nennenswerte Zinsen gab. Wichtig ist es aber, dass Sie langfristig investieren und Ihr Risiko weiterhin breit streuen. Schlechte Phasen gehören an der Börse leider dazu, die müssen Sie aussitzen können.
Aber langfristig stimmt die Rendite und liegt bei durchschnittlich sechs bis acht Prozent pro Jahr. So hoch werden die Zinsen ganz sicher nicht steigen. Und an der Börse gibt es gerade Sonderangebote. Klasse, dass das immer mehr Menschen erkennen.
Es geht also voran mit der deutschen Aktienkultur. Genau das ist auch das Ziel der "Aktion pro Aktie", einer Initiative von Comdirect, Consorsbank, Flatex Degiro und ING, die sich für eine bessere Aktienkultur in Deutschland starkmacht. Studien, Bildungsangebote, Veranstaltungen, gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit sowie der "Tag der Aktie" sollen das Thema stärker in den Köpfen der Deutschen verankern und einen vorurteilsfreien und aufgeklärten Umgang mit dem Thema Aktie fördern.
Der "Tag der Aktie" fällt übrigens seit einigen Jahren auf den Weltspartag. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
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